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Wettbewerb Karlau


 Architektur: EDERARCH 
 EU - weiter Realisierungswettbewerb: 3. Platz 
 Kategorie: Justiz -, Sondergebäude 
 Planungszeit: Dez. 2011 - Jan. 2012 
 Schätzkosten: ca. 3,0 Mio 

  ENTWURFSZIELE
- Unterstützung u. Förderung der zwischenmenschlichen Kommunikation
  unter besonders schweren Bedingungen im Besucherzentrum
- Optimierung von innerbetrieblichen Abläufen speziell im Bereich 
  Verbindungsgang und Betriebsfeuerwehr
- Unterstützung und Förderung spezieller individueller Fähigkeiten 
  (Fitness, Kampfsport, Schießtraining) in der Sport- und Schießanlage



A Städtebauliche Aspekte
Die Lage innerhalb der Gefängnismauern, in der Zwischenzone zwischen Verwaltungs- und Zellentrakt führt beim Besucherzentrum zu einem nach innen gerichteten Baukörper der das vorgegebene Baufeld fast zur Gänze in Anspruch nimmt. Der Bezug zur Umgebung wird dabei auf wenige, bewusst gesetzte Öffnungen und die Anbindung über die großteils verglasten Erschließungsgänge beschränkt. 
Der Bereich zwischen Verwaltungs- und Zellentrakt bleibt , bis auf das Einfügen des eigentlichen Besucherzentrums, unverändert, der bauliche Eingriff wird bewusst minimiert. Der lineare Verbindungsgang wird als eigenständiges Element verstanden, nimmt die städtebauliche Achse auf und ermöglicht durch die großflächigen Verglasungen außerhalb des Besucherzentrums Blickbezüge zur Gesamtanlage. 
Die vor der Gefängnismauer gelegene Sport- und Schießanlage unterliegt nicht den Zwängen des Gefängnisses und präsentiert sich daher als selbstbewusster, nach außen öffnender Baukörper inmitten des bestehenden Grünraums. Das Gebäude hält sich im bestehenden Ensemble zurück, rückt von Gefängnis und Nachbargebäuden ab und schließt den Vorplatz Richtung Norden ab. 
Die Erschließung erfolgt einerseits vom Schulungsgebäude durch die überdachte Vorzone, andererseits vom Parkplatz bzw. der Zugangsachse über den Vorplatz direkt zum Eingang.





Baukünstlerische Aspekte
 Die Qualität der Kommunikation im Besucherzentrum ist nicht zuletzt auch vom räumlichen Umfeld abhängig. Aufgrund der vorgefundenen Situation am Baufeld schlagen wir deshalb ein nach innen gerichtetes Konzept vor bei dem, durch die Schaffung einer “neutralen Zone” innerhalb des Gefängnisverbundes, ein Klima der Offenheit und der Weite geschaffen werden soll. 
Die Gebäudefassade fungiert dabei als „Schutzmantel“, vereint Innen- und Außenräume zu einem vielfältigen, selbstständigen Raumgefüge und sorgt für die notwendige Distanz zum Alltag der Haftanstalt.
Ausgehend von den beiden Erschließungsgängen entwickeln sich die verschiedenen Funktionen von Zonen intensiver Überwachung und stark eingeschränkter Privatheit (geschlossener Besuch) bis hin zur Zone mit dem höchst möglichen Grad an Privatheit eines Häftlings, dem Langzeitbesuch. Das Raumgefüge folgt dieser Funktionsabfolge und öffnet sich entsprechend der Zunahme an Privatheit Richtung Süden und West.
Die Bezüge nach außen werden dabei bewusst gesetzt - Öffnungen in der Fassade werden durch Lamellen gefiltert, nur nach oben, durch die Dachfläche, gibt es völlig freie Öffnungen. Somit soll, trotz des eingeschränkten physischen Bewegungsspielraums von Insassen und Besuchern, ein Gefühl der Transparenz und Offenheit erreicht werden. Dieses Raumgefühl prägt auch die Arbeitsplätze im Besucherzentrum und sorgt für ein angenehmes Arbeitsumfeld.
Die Sport- und Schießanlage präsentiert sich im Gegensatz zum Besucherzentrum als „offenes“ Gebäude welches über die überdachte Zugangszone und das verglaste Foyer im Erdgeschoss in direkten Kontakt mit dem Umfeld tritt. Diese Elemente sorgen dabei auch für die notwendige Distanz zu den hier teilweise einsehbaren Fitness- und Turnräumen. 
Die Hauptorientierung dieser Räume erfolgt jedoch im wesentlichen nach Westen und Norden in die Grünräume zwischen Sport- und Schießanlage und Gefängnismauer. Dadurch wird die Privatheit der Sportler- und Sportlerinnen gewahrt, aber dennoch großzügiger Bezug nach außen ermöglicht.
Das dem Fitnessraum vorgelagerte Foyer kann sowohl als Erweiterung dieser Zone, als auch als Wartebereich für die Schießanlage im Untergeschoss fungieren.
Durch den offenen Treppenabgang erhält die Schießanlage Bezug zum Eingangsgeschoss und wird als Teil des Gebäudes verstanden. Zusätzlich wird der Schulungsraum mit Tageslicht versorgt. 
Die Anordnung der restlichen Räumlichkeiten der Schießanlage folgt den strengen funktionalen und sicherheitstechnischen Vorgaben mit dem Ziel  hoher Flächeneffizienz.





C Funktionale Aspekte
Die Wegführung im Besucherzentrum folgt strikt den Vorgaben des Auslobers. 
Alle Bereiche sind, vom zentral situierten Dienstzimmer aus, gut einsehbar. 
Offenheit und Transparenz, sowie kurze Wege sorgen für qualitativ hochwertige Arbeitsbereiche.
Die Einbeziehung von gestalteten Außenräumen in die Gesamtkonzeption und die bewusste Setzung der Öffnungen zum Umfeld sorgen für einen Gegensatz zur Umgebung und verstärkt den positiven Raumeindruck. Dachvorsprünge wurden derart gewählt, dass im Bereich der offenen Umgänge zu den Langzeitbesuchen ausreichender Witterungsschutz gegeben ist. Gleichzeitig wird dadurch ein konstruktiver Sonnenschutz der Glasfassaden erreicht.  
Bei der Gestaltung der Betriebsfeuerwehrräume, am Verbindungsgang zwischen Verwaltungs- und Zellentrakt gelegen, wurde vorrangig auf Flächeneffizienz und optimale Wegführung Wert gelegt.
Die Situierung der Umkleideräume und der Nassräume ermöglicht ausreichend natürliche Belichtung und Belüftung sowie beste Erreichbarkeit der umliegenden Zonen.
Minimierung der Wege in der Sport- und Schießanlage ergeben optimierte Funktionszuordnungen. Die Erschließung von außen ist sowohl vom Schulungsgebäude als auch vom Parkplatz aus gegeben. Somit folgt der Erschließungsansatz auch den Erfordernissen hinsichtlich der Nutzung der Anlage durch externe Personen. 

Das ebenerdige Foyer dient als Kommunikationszone und stellt die Verbindung zwischen den einzelnen Funktionen innerhalb des Gebäudes und der Umgebung her.

D Ökonomische, Ökologische Aspekte
Die Gebäude weisen kompakte Grundformen auf. Die gewählten Spannweiten bzw. die statischen Systeme ermöglichen eine wirtschaftliche Umsetzung. Sowohl im Bereich des Besucherzentrums als auch bei der Sport- und Schießanlage ist eine Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad (Holzbau) möglich.
Auf eine 2-geschoßige Ausführung des Besucherzentrums wurde aufgrund der deutlich höheren Herstellungskosten bewusst verzichtet. Die Möglichkeit einer späteren Aufstockung ist aufgrund der gewählten Grundrisslösung jedoch gegeben.
Die Versorgung mit Heizenergie ist beim Besucherzentrum über den Kollektorgang einfach möglich. Die Technikzentrale kann als Erweiterung dieses Technikganges im Untergeschoss  ausgeführt werden.
Eine unbeheizte Ausführung der Verbindungsgänge zum Besucherzentrum wurde hinsichtlich der Minimierung der Herstellungs- und Betriebskosten angedacht.